Berlin zu Beginn der 30er Jahre: Jakob Fabian, Reklamefachmann ohne Stellung, durchstreift seine Stadt und studiert das Leben: möblierte Zimmer, Bars, gewissen Damen und dazugehörige Etablissements, Arbeitslose, die Liebe und die Verlogenheit der Menschen. Im trüben Strom des Opportunismus und der Inhumanität geht er, der Moralist, unter - und mit ihm die Ideale der Weimarer Republik. Eine brillante und provokante Großstadtsatire.
Meine Meinung:
Jakob Fabian, der sich selbst als Moralist bekennt, irrt ziellos durch die Berliner Bars und Nachtklubs der Weimarer Republik, begegnet zahlreichen skurrilen Menschen und findet einfach nicht seinen eigenen Platz im Leben. Und obwohl er selbst zuerst seine Arbeit verlieren, dann seine Freundin Cornelia und schließlich seinen besten Freund Labude, behält er die Bereitschaft, sich für Schwächere und vor allem für einen menschlichen Umgang miteinander einzusetzen und geht gegen die Falschheit vor und handelt somit gegen die Moralapostel seiner Zeit. Doch auch Fabian leidet unter seinen Verlusten, unter der Morallosigkeit dieser Zeit und unter der Unmöglichkeit ein selbstbestimmendes, freies und würdevolles Leben zu führen. Fabian kehrt immer weiter aus dem Leben zurück, bis sich die Tragik dieses Romans schließlich in das Unvermeidbare zuspitzt und das Fabian einfach untergeht.
„Die Vernünftigen werden nicht an die Macht kommen", sagte Fabian, ,,und die Gerechten noch weniger."
„So?" Labude trat dich vor den Freund und packte ihn mit beiden Händen am Mantelkragen. ,,Aber sollten sie es nicht trotzdem wagen?" (Seite 62)
Der Roman hat keinen durchgehnden Handlungsablauf, sondern besteht viel mehr aus vielen, aneinander gereihten Szenen, in denen Fabian verschiedenen, kuriosen Eindrücken ausgesetzt ist. Ich denke, dieser Aspekt verstärkt noch einmal die Gefühlswelt Fabian und damit verbunden gewisse Ziellosigkeit.
Kästner schreibt von den Geschichten des jungen Jakob Fabian mit solch einer Komik und Tragik zugleich, mit einem gewissen Witz und einer großen Portion Schonungslosigkeit, dass ich an vielen Stellen nicht wusste, ob ich lachen oder Mitleid mit Fabian haben sollte. Meistens empfand ich beides.
„Ich weiß nicht, von wem der Satz stammt, dass geteiltes Leid halbes Leid sei, aber wenn der Quatschkpf noch leben sollte, dann wünsche ich ihm zweihundert Mark monatlich und eine achtköpfige Familie. Da soll er sein Leid so lange durch acht dividieren, bis er schwarz wird." (Seite 75)
„Warum muss es immer so gemacht werden, wie es früher gemacht wurde? Wenn das konsequent geschehen wäre, säßen wir heute noch auf den Bäumen." „Du bist kein Patriot", behauptete Wenzkat. „Und du bist ein Hornochse", sagte Fabian „Das ist noch viel bedauerlicher." (Seite 225)
Für mich persönlich ist „Fabian" ein sehr eindrucksvoller, komischer, ergreifender Roman. In einem später verfassten Vorwort, schreibt Kästner, dass er mit seinem Roman, dass Ziel verfolgte die Menschen vor einem Abgrund zu warnen. Wie man diesen Abgrund interpretiert, ob als Zusammenbruch der Weimarer Republik oder unser Leben aus heutiger Sicht, ist ganz uns überlassen. Ich kann das Werk nur jedem empfehlen!
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