Mai 22, 2014

{Rezension} Der Hase mit den Bernsteinaugen von Edgar de Waal


Klappentext:
264 Netsuke, japanische Miniatur-Schnitzereien aus Holz und Elfenbein, liegen in der Vitrine des britischen Töpfers Edmund de Waal, Nachkomme der jüdischen Familie Ephrussi aus Odessa. Wie sie dorthin kamen, erzählt dieses Erinnerungsbuch. Vom Paris der Belle Époque gelangte die Sammlung ins Wien des Fin de Siècle, aus Tokio in den 1950er-Jahren schließlich nach London. Die Ephrussis, einst an Einfluss und Reichtum den Rothschilds ebenbürtig, erlebten mit dem »Anschluss« 1938 den Niedergang – ihr gesamtes Vermögen fiel der »Arisierung« zum Opfer. Nur die Netsuke wurden – jede einzeln – in der Schürze des Dienstmädchens Anna gerettet. Eine Familienchronik, in der sich europäische Geschichte der letzten hundertfünfzig Jahre spiegelt, eine Wunderkammer, eine brillant geschriebene Erkundung über Besitz und Verlust, über das Leben der Dinge und die Fortdauer der Erinnerung.


Meine Meinung:
Das Buch „Der Hase mit den Bernsteinaugen" bekam ich bereits im Herbst letzten Jahres und vielleicht kann sich noch der ein oder andere an meinen Auspackbericht vom Halloweenwichteln erinnern. Obgleich meine Freude über dieses Buchgeschenk sehr groß war, denn es stand schon wochenlang auf meinem Wunschzettel, so muss ich doch ehrlich gestehen, schreckte mich der recht sachliche Schreibstil etwas ab und ich kam vorerst nicht über die erste Seite hinaus. Es sollte von Anfang an gesagt werden, dass der Erzählstil, der diesem Buch zugrunde liegt, definitiv nicht mitreißend und spannend ist, stellenweise ist er sogar langatmig.Wer hier also einen spannungsgeladenen Roman erwartet, liegt falsch. Dieses Buch benötigt Zeit, Geduld und ernsthaftes Interesse und ich denke erst dann kann der Leser dieses Buch wertschätzen.

Das Buch wird erzählt von dem britischen Töpfer Edmund de Waal, einem Nachkommen der wohl berühmtesten Kaufmannsfamilie Ephrussi. Ich denke vor allem, wenn man mal in Wien gewesen ist,  läuft man diesem Familiennamen ganz automatisch über den Weg. Man muss sich lediglich mal das Palais Ephrussi in der Ringstraße anschauen und das ist, meiner Meinung nach, unumgänglich.
Das Buch umfasst einen Zeitraum von 1872 bis 2009 und führt den Leser auf den Wegen entlang, welche verschiedene Nachkommen der Ephrussis selbst einmal entlanggegangen sind. Von Odessa nach Wien, über Paris bis nach Tokio und viel mehr.
Die Ephrussis waren grundsätzlich schon immer Sammler gewesen. So befanden sich viele, heute teilweise sehr begehrte, Kunstgegenstände in deren Besitz und auch der Kontakt und die Begegnungen mit großen Persönlichkeiten wie verschiedenen Malern und Dichtern war üblich. Den rote Faden dieses Sachbuchs bilden die 264 Netsuken, kleine, japanische und handgemachte Figürchen aus verschiedenstem Material wie Holz oder auch Elfenbein. Unter diesen Netsuken, die sich anfangs in einer Glasvitrine bei dem Familienstammsitz in Frankreich befanden, später dann in Wien und Tokio, befand sich unter anderem „der Hase mit den Bernsteinaugen".

Edgar de Waal beschreibt Kunstgegenstände wie einzelne Netsuken, Gemälde, die Gebäude der Erphrussis und deren Räume und Möbelstücke, akribisch genau. Er beginnt bei diesen und kommt dann langsam zu den Besitzern und Bewohnern dessen. So genau und detailliert die Gegenstände und Gebäude auch beschrieben werden, so blass bleiben jedoch die Menschen, die er beschreibt. De Waal baut keine Beziehungen zu Menschen auf, sondern zu Gegenständen und vor allem durch diese verknüpft er auch und erzählt die Biografie dieser erstaunlichen Familie.

Schlussendlich kann ich sagen, dass in Bezug auf dieses Buch eine ganz klar Kauf- und Leseempfehlung aussprechen kann. Ich bin überzeugt, dass das Buch jeden Cent wert ist und eine absolute kulturelle Bereicherung darstellt. „Der Hase mit den Bernsteinaugen" ist meiner Meinung nach recht anspruchsvoll und benötigt, wie schon gesagt Zeit und ernsthaftes Interesse, um für all das was de Waal hier erzählt, offen zu sein und auch Genuss beim Lesen empfinden zu können.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen