Oktober 18, 2013

{Rezension:} Hiob. Roman eines einfachen Mannes von Joseph Roth (1931)

Joseph Roth erzählt mit 'Hiob" die Geschichte von Mendel Singer, einem frommen, gottesfürchtigen und gewöhnlichen jüdisch-orthodoxen Bibellehrer, welcher in dem kleinen Schtetl Zuchnow in Russland um 1900 lebt. Mendel lebt zusammen mit seiner Frau und seinen, zunächst drei, Kindern in ärmlichen Verhältnissen und zeigt sich trotzdem gegenüber Gott täglich dankbar und bescheiden. Mit aller Kraft versucht er alles, was nicht dem jüdischen Glauben entspricht von sich und seiner Familie fernzuhalten. Doch dieser Versuch gelingt nicht immer und schließlich beginnt für Mendel eine Zeit. in der er schwere Schicksalsschläge hinnehmen muss, die seinen festen Glauben auf eine harte Probe stellen.
Alles beginnt damit, dass Mendels Frau Deborah - neben zwei Söhnen und der jüngsten Tochter - einen weiteren Sohn zur Welt bringt und schnell zeigt sich, dass dieser Sohn, Menuchim, behindert ist. Während Deborah in ihrer Verzweiflung auf ihrer Sohnt fixiert ist und nach Hilfe sucht, sieht Mendel in seinem behinderten Sohn eine Strafe Gottes, die er ertragen muss. So weigert sich Mendel auch, jegliche Hilfe anzunehmen und Versuche einer Behandlung lehnt er strickt ab. Menuchims Geschwister dagegen schämen sich für ihren jüngsten Bruder und quälen ihn bei Abwesenheit der Eltern.

Menuchim sprach. Und dieses eine Wort der Missgeburt war erhaben wie eine Offenbarung, mächtig wie ein Donner, warm wie die Liebe, gnädig wie der Himmel, weit wie die Erde, fruchtbar wie ein Acker, süß wie eine süße Frucht. (Kapitel 3; Zeile 183-186)

Schließlich treffen immer mehr Schicksalsschläge auf Mendel ein. Zunächst sollen beide seiner Söhne in die Armee des russischen Zaren gezogen werden. Während der älteste Sohn Gefallen findet an dieser unjüdischen Lebensweise und dem Militär, flieht der jüngste Sohn Schemarjah vor der Wehrpflicht, indem er in die USA geht, dort ein erfolgreicher Geschäftsmann wird und auch somit seine Religion für die westliche Kultur aufgibt. Schließlich wächst auch die Tochter auf und beginnt mit Verhältnissen mit Kosaken. An diesem Punkt fasst Mendel schließlich den Entschluss zusammen mit seiner Frau und seiner Tochter Schemarjah in die USA nachzureisen, auch wenn dieser Entschluss bedeutet, dass sie Menuchim zurücklassen müssen.
Doch auch in der Großstadt New Yorks fühlt sich Mendel nicht wohl und während Frau und Tochter Gefallen finden an der neuen Kleidung und dem modernen Lebensstil, fühlt sich Mendel immer verlorener, bis es schließlich noch schlimmer kommt und letztendlich gibt es nur einen, der ihn aus seinem Loch und seiner Gotteskrise herausholen kann. Menuchim.

Wofür bin ich so gestraft?, dachte Mendel. Und er durchforschte sein Gehirn nach irgendeiner Sünde und fand keine schwere.      (Kapitel 4; Zeile 124-25)

Joseph Roth erzählt die Lebensgeschichte und den Glaubensweg Mendel Singers in märchenhafter Einfachheit und in wunderbarer manchmal schlichter, manchmal farbenprächtiger Sprache. Roth erzählt diese Geschichte mit einer so biblischen Wucht und versetzt seine Leser in eine längst vergangene Schtetlwelt, mit welcher er die Leser auch heute noch fesseln kann. Ich bin überzeugt, dass Joseph Roths 'Hiob' ein wunderbarer Klassiker der Weltliteratur darstellt und ich persönlich kann diesen Roman nur wärmstens weiter empfehlen.

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